Der Rhein hat mich wieder, die Natur siegt über die Stadt. Der Besuch in Basel hatte mich fast wieder in städtische Bequemlichkeit gebannt. Da war es am Abend hilfreich, am einsamen Ruderclub das Didgeridoo wieder mal auszupacken und zu spielen. Einige Angler auf der anderen Rheinseite haben sich eventuell gewundert, aber das tat dem Abschalten von städtischer Hektik keinen Abbruch.
Heute morgen wurde schon während meines Frühstücks auf der Wiese vor dem Bootshaus fleißig gerudert. Interessiert kam immer mal wieder ein Ruderfreund vorbei und staunte, was man alles in einem Kajak verstauen kann. Als dann schließlich einer fragte, was denn in dem seltsamen Rohr da vorne auf meinem Boot sei, packte ich das Didge gleich nochmal aus und lies ein paar Töne hören. Zum Abschied wünschte man mir gute Fahrt.
Der RC Grenzach bleibt in guter Erinnerung. Wird Zeit, dass er im Flussführer Erwähnung findet. Immerhin bietet er wohl die einzige Zeltmöglichkeit in Basel.
Gleich nach dem Start stand schon das erste Wehr (Birsfelden) auf dem Programm. Über die Sprechanlage sagte man mir, dass ich mit dem nächsten Schiff schleusen könne. Das klappte auch wunderbar und nun ging es noch mal auf dem Wasserweg durch Basel. Diesmal war nicht die Stadt, sondern ich mit meinem Kajak der Blickfang für die Touristen.
Apropos Schwimmweste: die trug ich während der gesamten Tour. Es mag ja sehr verlockend sein, bei heißem Sommerwetter ohne zu fahren. Aber erstens bin ich allein unterwegs. Wenn ich kentere, ist niemand da, um zu helfen. Und zweitens sagt die Unfallstatistik für Wassersportler, dass viele - zum Teil leider auch tödliche - Unfälle vermeidbar gewesen wären, wenn die Betroffenen eine Schwimmweste getragen hätten. Erst kürzlich sind tragischerweise zwei Teilnehmer einer Kanadiertour auf dem Mittelrhein ertrunken. Auch auf stillem Wasser kann es z.B. mal einen unachtsamen Schiffsführer geben, der Euch übersieht. Also Paddelfreunde: wir genießen soviel Freiheit auf dem Wasser, da kann diese kleine Unbequemlichkeit doch nicht so schlimm sein!
Hinter Basel ging es dann rechts und links durch Industrie- und Hafenanlagen - auch das ist der Rhein. Schon bald beherrscht aber wieder der Fluss selbst das Bild und davon profitiert wohl das schöne Weil am Rhein mit netten Rheinanlagen. Hier ist das Drei-Länder-Eck Deuschland-Schweiz-Frankreich, das am Knie des Rheins gebildet wurde. Ab hier fahre ich nun nicht mehr in westlicher, sondern in nördlicher Richtung.
Gespannt bin ich auf den Altrhein, denn die Franzosen haben als Folge des Versailler Vertrages ab hier den Grand Canal d'Alsace gebaut. Dieser Kanal parallel zum ursprünlichen Verlauf des Rhein dient der Schifffahrt als Schnellstraße, auf der sie mit 13 Staustufen bis Iffezheim einen Höhenunterschied von über 100 Metern überwindet. Der Altrhein kriegt von den Franzosen ein minimales Wasserquantum, um das es wohl seit Jahrzehnten permanenten Streit gibt. Solange können die Folgen des von den Deutschen angezettelten Krieges andauern.
Ich habe aber mal wieder Glück, denn der Altrhein führt wohl genug Wasser, um ihn mit dem Kajak befahren zu können.
Er ist eine schöne Überraschung mit herrlicher Natur und freundlichem Verlauf. Nach der Kirschener Schnelle, in der das Wasser schon lebendig über die Felsen sprudelt, kommt wieder ein echter Höhepunkt: die Isteiner Schnelle!
Im Flussführer weist man darauf hin, dass die Isteiner Schnelle WW3 ist, also nur von mit Wildwasser erfahrenen Kanuten befahren werden sollte. Ein klein wenig Erfahrung habe ich ja schon, aber ähnlich wie beim Koblenzer Laufen mache ich mir Sorgen wegen meines langen, schweren Bootes. Ich schaue mir die Stromschnelle, die über 400 Meter geht, also vorher sehr gründlich an.
Die Felsen sind wiklich sehr beeindruckend und ich finde die in der Wasserkarte bezeichnete Durchfahrtroute. Na, dass kann ja lustig werden. So gut es geht merke ich mir die wichtigsten Felsen und Einfahtspunkte. Es sind zwei Passagen, die ich jedes Mal genau treffen muss, um durchzukommen. Viel Platz zum Manövrieren werde ich nicht haben. Also den Mut zusammen genommen und los gehts. Leute sind genug da, um zu helfen, wenn was schiefgeht. Nachdem ich losgefahren bin, bin ich froh, dass ich vorher genau geschaut habe. Um Nu bin ich durch die erste, leichtere Schnelle durch und steuere auf die zweite zu. Hier diesen großen Felsen muss ich links passieren. Mist, die Strömung treibt mich genau auf den zu. Nach links komme ich nicht mehr, also rechts vorbei. Und dann schieße ich mit meinem fünfmeterzwanzig Seekajak und viel Wasser durch die schwierigste und zugleich schönste Passage.
Kaum bin ich durch, kommt die enge S-Kurve. Die schaffe ich nur ganz außen, aber mit starkem Rückschlag komme ich auch da durch.
Boah, war das geil. Unten angekommen, wäre ich am liebsten gleich nochmal runtergefahren, aber der Rückweg ist leider nicht möglich. Völlig happy über das gelungene Abenteuer bleibe ich erst mal am unteren Kieselstrand.
Einige Badeverrückte schwimmen in den kleinen Wasserfällen der Schnelle und kurz entschlossen steige ich aus und stürze mich auch in die Fluten. Am größten Fall kann man mitten in die Gicht hineinspringen und ab gehts. Ein weiterer Kanute mit kurzem Boot sucht eine Durchfahrt und nimmt eine kleine Schwelle. Er freut sich sichtlich auch, dass er ohne Kenterung durchkommt und wir halten noch einen kurzen Plausch. Ein herrlicher Platz, am liebsten würde ich hier bleiben, aber ein kleines Stück will ich noch weiter.
Später folgen noch einige kleine Schwellen, die ebenfalls schön zu fahren sind. Nur bei der letzten bleibe ich wegen des niedrigen Wasserstandes kurz hängen und muss kräftig mit dem Paddel schieben, um freizukommen.
Campingplätze oder Kanuclubs gibt es bis Breisach nicht mehr und so suche ich mir einen netten Zeltplatz auf einem Uferstück aus, um zu übernachten. Das wird hier wohl allgemein toleriert, sodass mir kein Ärger droht. Ich genieße die Nähe zum Wasser, zwischen Froschgequake, vorbei fliegenden Schwänen und exotischem Vogelgebrüll klingt der Tag friedlich aus.