(Mein fertig gepacktes Boot - ein Puffin-Seekayak)

Uff - das war ein hartes Stück Arbeit. Alte Paddlerweisheiten stecken nun als Erfahrung in meinen Knochen. 1 Kilometer stehendes Wasser sind 2 Kilometer fließendes Wasser. Da waren die heutigen knapp 30 Kilometer der ersten Etappe von Konstanz bis Stein am Rhein doch mit einigen inneren Schweinehunden, die überwunden werden wollten, gepflastert.

Nun sitze ich fix und foxi in meinem Zelt und spüre eine Menge Sehnen und Muskel. Besonders mein Rücken hat mir übel genommen, dass ich ihn nicht langsam an solche Strecken herangeführt habe. Ich wusste schon, dass ich in dieser Saison noch nicht trainiert bin. Daher hatte ich vor, die Tour insgesamt ganz locker und ohne Leistungsstress anzugehen. Und 25 Kilometer bis Stein klangen ja nicht viel.

Der Haken war, dass der Rhein tatsächlich nicht fließt. Man stelle sich eine 25 Kilometer lange Hamburger Außenalster vor: weite Wasserflächen, eine Menge Segel und bis auf ein paar Sportbootwellen meistens eine wundervolle leichte Dünung, die dich sanft hebt und senkt. Es gab kaum Wind, sodass ich neben einigen Seglern her paddeln konnte. Doch die Hitze und die untrainierten Muskel zwangen dann doch öfters zu einer Treibepause.

Begonnen hatte der Tag mit einem herzhaften Lacher. Nachdem ich alles im Boot verstaut und zum See hinuntergerollert hatte, wollte ich fröhlich starten. Ich lasse mich ins Wasser rutschen, will die Steuerung runterklappen - Mist, vor lauter Vorbereitungen ist die noch mit nem Gummi fixiert. Wieder Aussteigen will ich nicht, also heisst es einen netten Badegast finden. Der war schnell zur Hand (hatte meinen Start ohnehin sehr interessiert verfolgt) und frei war das Steuer und ich.

Raus auf den See! Ein herrlicher Blick am Sonntagmorgen auf diese riesige Wasserfläche belohnt bereits die weite Anfahrt. In der Ferne schneebedeckte Berge auf der Schweizer Seite. Ich paddle in den Bergen. Etwas völlig Neues für mich. Immerhin ist der Bodensee 400 Meter über Null. Da sollte es eigentlich abwärts rauschen. Tut es aber wie gesagt nicht. Ein kleines Boot mit Außenborder kreuzt sehr langsam meinen Weg. Was schwimmt denn da hinter dem Boot? Hat der seinen Hund baden geschickt? Aber dafür ist das zu groß. "Ist das ein Bodenseefischer?", frage ich einen Segler. "Ja", meint der, "und das hinter ihm sind zwei Netzbojen, die nennt man Hunde." Witzig!

Ich paddle gemütlich die ersten Kilometer um die Konstanzer Ecke im See (daher die -4 km oben). Die offizielle Rheinkilometrierung beginnt erst an der ersten Brücke in Konstanz mit 0. Die Stadt begrüßt mich mit Glockengeläut. Danke, danke, zuviel der Ehre! In Wirklichkeit müssen die Konstanzer jetzt zum Hochamt.

Also ein festlicher, sonniger Sonntag ist mein Starttag. Nach kurzer Zeit fällt mir mein zweiter heutiger Fehler auf - der Paddelhut liegt tief verstaut hinten im Boot. Kein Rankommen jetzt. Dann werde ich heute wohl meinen Kopf schön nass halten müssen, Wasser ist ja genug da. Einen Sonnenstich will ich nicht riskieren. Die Sonne brennt immer heißer.

Kurz hinter Konstanz beginnt ein schönes Naturschutzgebiet mit wiegendem Schilf. Die Ufer sind nah zusammengerückt und ich stelle mich auf Flussgefühl ein. Pustekuchen! Nach wenigen Kilometern verbreitert sich das Ganze und wird zum Untersee des Bodensee. Für Segler ein schönes Revier, nur die schimpfen heute. Kaum Wind, viele müssen motoren.

Die erste Rast nach 11 km, Mückenalarm! Die haben doch tatsächlich jeden Schattenplatz besetzt! In der Sonne lassen sie mich in Ruhe und ich esse schnell mein Brot. Die frühe Rast lässt mich spüren, dass es heute doch anstrengend wird. Aber ich will unbedingt heute bis Stein. Also durchhalten. Bei Kilometer 17 habe ich Glück. Vor mir schwimmt eine Baseballmütze mit großem Schirm, die wohl jemand verloren hat. Klasse, die liegt höchstens einen Tag im Wasser, die setze ich mir auf. Mein heißer Kopf freut sich. Ich denke an den Edersee, wo ich meinen ersten Paddelhut gefunden habe, der, der jetzt hinten im Boot vergraben ist.

Ich halte mich auf der linken, der Schweizer Seite. Da verfahre ich mich nicht. Ich will ja nicht in den Obersee und kreuzen würde ich bei dem vielen Verkehr nur ungern.In einem freundlichen Uferlokal leiste ich mir ein Alster, das man hier selber mixen muss. Schließlich erreiche ich Stein.

(Stein am Rhein)

Vor mir unruhiges Wasser. Tatsächlich: hier verschmälert sich der Rhein, das Flussbett kommt hoch und über eine flache Stelle sprudelt das Rheinwasser in ein Bett mit Strömung. So gehört sich das. Weg ist ein Großteil der Müdigkeit und ich genieße den Anblick dieses schönen Städtchens. Kurz hinter Stein ist mein heutiger Zeltplatz Wagenhausen. Das Boot aus dem Wasser, angemeldet und nach kurzem steht das neue Zelt, das sich wirklich im Handumdrehen aufbauen lässt.

Jetzt noch was essen, duschen und den Tagesbericht schreiben. Und dann fall ich um. Morgen werden mir alle Knochen weh tun ...