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Ein guter erster Tag. In knapp 13 Stunden 990 Kilometer geschafft, damit kann ich zufrieden sein. Wenn das Landstraßengefrickel im Schwarzwald nicht gewesen wäre, hätten es auch 11 Stunden sein können. Aber dafür waren ein paar sehr schöne Abschnitte bis Freiburg dabei, die man sich bei Gelegenheit noch mal in Ruhe anschauen sollte.

Ich bin beeindruckt von dem Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich. An sich bin ich ja kein Fan von Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber die viel entspanntere Fahrweise en France hat schon was. Und diese Höflichkeit! Acht von zehn Fahrern fahren rechts rüber, wenn sie mich kommen sehen. Kurzer Schlenker, schon ist man vorbei und bedankt sich freundlich. Was mit den übrigen zwei von den zehn war? Einer ließ mich nicht vorbei, das war ein Holländer. Den anderen hab ICH vorbei gelassen.

Dann war da noch der Schreck an der Tankstelle. Der Schlüssel vom Topcase ist weg! Hat sich einfach vom Schlüsselbund verabschiedet. Da hilft kein Absuchen auf dem Boden und kein Taschenausleeren - einfach weg! Zum Glück ist nichts im Topcase, was ich unterwegs brauche. Muss meine Liebste halt den Ersatzschlüssel mitbringen. Abends dann beim Gepäckabladen dann ein breiter Grinser. Als ich die Tunneltasche abnehme, fällt mir der Schlüssel vor die Füße. Schlawiner der, hat sich die ganze Fahrt darunter versteckt. Alles wird gut.

Gut ist auch mein erstes Nachtlager. Die Chance, am späten Abend noch einen offenen Campingplatz zu finden, geht gegen Null. Also halte ich ein Stück hinter Lyon in einem kleinen Örtchen (St. Symphorien de Lay - die Ortsnamen in Frankreich kann man singen) kurzentschlossen an und klopfe bei einem scheinbar geschlossenen, kleinen Hotel. Der Wirt mit gewaltigem Schnauzer öffnet. "Une chambre? Bien sur!" Den Motorroller sicher im Hof abgestellt, Gepäck abgeladen und schon bin ich für heute angekommen. Ob die Pizzeria noch auf hat, an der ich vorhin vorbei kam? Pizza sei doch kein Essen, meint der Wirt im deutsch-französischen Mischmasch, in dem wir uns unterhalten. Wie es mit einem Steak und Bratkartoffeln wäre? Dazu gibt's noch ein schönes großes Bier und ich bin restlos zufrieden. Was bin ich für ein glücklicher Pilz!

Das Foto ganz oben zeigt mehrere Lastfahrzeuge. Wenn man's nicht lesen kann - auf dem LKW hinten steht "Airbus A 320 on board". Das können ich und mein Moped auch!

 

 

1930 Kilometer - ich bin in Spanien! Als erstes muss ich mein gerade in Frankreich aufgefrischtes Sprachvermögen umstellen. So ist das, wenn man beide Sprachen nicht besonders beherrscht. Die Leute halten mich abwechselnd für einen Spanier, einen Franzosen oder einen Engländer. Aber die Welt ist nun mal bunt. An der Tankstelle sehe ich einen Trucker, der offensichtlich mit seinem Notebook online ist. "Esta Wifi aqui?", traue ich mich zu fragen. "Si", meint er. Dann sehe ich an der Schrift, woher er kommt - ein Russe.

Untergekommen für die Nacht bin ich wieder in einem kleinen Hotel am Wegesrand. Aber erst, nachdem wir uns über den Preis geeinigt haben. Gut, wenn aus 50 dann mal 40 Euro werden. Und auch zu dem neuen Preis ist man sehr zuvorkommend und hilft das schwere Gepäck auf's Zimmer bringen. Sogar eine Garage für's Moped gibt es.

 

Beim Abendessen unterhalte ich mich mit dem Koch. Da das Hotel fast leer ist, frage ich ihn, wie's denn so läuft. Ach, seit 14 Jahren hätte seine Familie das Haus. Er ist Marrokaner und will was ändern. Nächste Woche habe er 30 "Girls" da, dann würde das aber ganz anders laufen. Interessant, wo man so landen kann.

Die 900 Kilometer heute waren schön. Auch wenn ich mal wieder erfahren habe, warum die Amis ihre Langstreckentouren "Iron butt" nennen. Aber die herrlichen Landschaften in France und Espagna lenken herrlich von dem einen oder anderen schmerzenden Muskel ab. Auch die Autobahn in Nordspanien bietet schon bei der höchst zulässsigen Geschwindigkeit schöne Schräglagen. Und wenn dann mal wieder ein anderer Mopedfahrer auftaucht, freunden wir uns gleich mit ein paar Überholspielchen an.

Dazu gab's südlich von Bordeaux ne Menge Gelegenheit. Der Verkehr wurde dichter, zeitweise zähflüssig. Also geht's zügig mit einer ganzen Schlange Mopeds ab durch die Mitte. Diese französische Höflichkeit hält an, man macht Platz. Sogar die Gendarmerie weicht nach rechts aus. Warum geht das eigentlich in Deutschland nicht?

Das Tagesfoto ganz oben stammt aus Frankreich. Im schönen Perigord habe ich mir ein paar Landstraßenkilometer gegönnt und die Kurvenräuberei genossen. Die fast tausend Jahre alte Brücke steht in Thesseran und überspannt die Veziere ganz in der Nähe der Höhle von Lascaux mit den beeindruckenden Steinzeitmalereien.

Morgen geht's nach Cadiz. Yeah!

 

Vom kuehlen Norden in den heissen Sueden. Das erinnert mich an Teneriffa ;-) Ja, ich bin in Cadiz, genauer gesagt auf dem Campingplatz Las Dunas in Porto Real de la Santa Maria. Von hier aus kann man den Hafen und die Faehrabfahrtstelle schon sehen. Teneriffa ist also nur noch eine Seereise entfernt :-)

2900 gefahrene Kilometer zeigt mein Tacho jetzt. Eigentlich waren die letzten 950 Kilometer heute von Nordspanien nach Cadiz sehr gut zu fahren. Wenn da nicht die Hitze gewesen waere. Man konnte ab Salamanca so richtig spueren, wie man sich dem Glutofen des spanischen Inlandes naehert. Bloss nicht stehen bleiben, der Fahrtwind ist zwar heiss - das Visier bleibt deshalb zu. Aber im Stehen bei der Zahlstelle auf der Autobahn kocht die Luft. Die Versuchung ist gross, die Lederkombi auszuziehen. Aber lieber schmore ich im eigenen Saft, als bei einem Sturz verbranntes Fleisch zu riskieren. Alte Kuechenweisheit ;-)

Apropos Salamanca: wenn mal jemand nachsehen will ... schon von weitem konnte ich eine fette, schwarze Rauchwolke sehen. Beim Naeherkommen sah es so aus, als ob da eine Raffinerie brennt. Na, hoffentlich ist da niemand zu Schaden gekommen. Sonst war die Fahrt heute - bis auf die Hitze - sehr entspannt. Die Autobahn von Burgos nach Sevilla ist sehr gut zu fahren, keine Maut und so gut wie keine LKWs. Vielleicht lags am Domingo.

Gute Gelegenheit mal von den kleinen Dummheiten auf der Fahrt zu erzaehlen. Mit boesen Pannen oder Schlimmerem kann ich ja nicht dienen. Das heb ich mir dann fuer die Rueckfahrt auf ;-) Im Ernst: Ich hoere ja gern Musik unterwegs. Stoepsel ins Ohr und Handyplayer on. Diese Dinger koennen ja heute schoene Sachen. Einfach Zufallsmodus on und Du laesst Dich ueberraschen, welcher Titel als naechstes kommt. Bei ueber 400 Titeln auf dem Handy ist da immer was dabei. Ploetzlich ohrenbetaeubender Laerm. Ich fahre aus dem doesenden Fahren hoch - was ist los? Es dauert ein paar Sekunden, bis ich´s kapiere. DAS war der Rasiersound.mp3 LOL. Vor kurzem hat mir meine Tochter diesen geilen Rasiersound auf´s Handy geschickt, mit dem man das Handy zum Orischinal-Rasierapparat mutieren kann - klingt jedenfalls so. Bloss, dass ich das noch nie ueber Kopfhoerer gehoert habe. Ich sage nur - ohrenbetaeubend! Natuerlich musste ich dann grinsen. Man stelle sich vor, wie des Motorrollerfahrers Handy ihm waehrend der Fahrt den Kopf rasiert. Muss ich noch erwaehnen, dass der Zufallsgenerator diesen Sound unter den angesprochenen 400 Titeln jeden Tag einmal heraussucht? ;-)

 

Auf dem Campingplatz gibt es einen netten Internet-Computer, auf dem ich meinen Tagesbericht hochladen kann. Hinter mir johlt die spanische Gemeinde gerade ueber das 1:0 im EM-Endspiel Spanien gegen Deutschland. Ist das nun symboltraechtig? ;-) Morgen habe ich mir einen geruhsamen Off-Tag verdient. Da meine Faehre erst uebermorgen geht - meinen Sicherheitstag muss ich ja zum Glueck nicht in Anspruch nehmen -, kann ich mir in aller Seelenruhe die Hafenstadt Cadiz anschauen. Das Zelt steht, Moped ist ordentlich abgeladen und kann endlich ein wenig ausruhen. Braves Pferd, hast mich sauber hierher gebracht.

Wegen des hiesigen Internet-Computers gibt´s heute kein Tagesfoto. Aber das Bild des Tages kann ich zumindest beschreiben. Und zwar war das ein alter Spanier, der mit Zigarre im Mund auf seinem 250er Softchopper - Helm auf der Sissybar statt auf dem Kopf - fast im Schritttempo an der Strandpromenade vorbei tuckerte, waehrend ich mein Abendessen verzehrte. Herrliches Bild! Trotz des langsamenTempos konnte ich leider so schnell die Kamera nicht zuecken. Dennoch - Viva Espagna! ;-)

 

 

Ein lohnender Tag in und mit Cadiz. Nachdem ich trotz dauerhupenden Jubelspaniern schließlich eingeschlafen war, wartete heute ein freundlicher Bummeltag auf mich. Noch vor dem Frühstück war die "Ganz-besonders-wichtig-Tasche" mit den Dingen, die auf keinen Fall wegkommen dürfen, gepackt. Das Notebook lasse ich lieber an der Rezeption, wo man es freundlicherweise aufbewahrt, denn die Schließfächer sind dafür leider zu klein.

 

Heute leiste ich mir mal "spanisches" Fahren, also in kurzen Hosen, Tshirt und Jethelm. Es geht ja nur die kleine Runde um die Bucht nach Cadiz. Das bewährt sich auch gut, denn die Luft flirrt schon wieder, als ich durch die engen Gässchen der Hafenstadt rolle. Der Stadtbummel lohnt sich, es gibt eine Menge schöner Ecken zu sehen. Besonders der Aufstieg auf den Torre Tavira, auf den ich zufällig stoße, bietet einen tollen Blick über die Stadt und erleichtert die Orientierung in dem Gassengewirr, in dem man sich leicht verirren kann. Sehenswert auch die Camera Oscura im Turm, mit der nach dem Urprinzip der Kamera durch ein Loch im Dach ein bewegtes Bild der Stadt in den verdunkelten Raum projiziert wird.

Die Stadt ist voller Roller, ich integriere mich nahtlos und folge der unkonventionellen Fahrweise, um nicht aufzufallen (ok, ich fahre halt den größten Roller, ein bisschen angeben ist ja auch schon fast spanisch ;-)

 

Die Spanier sind fleißig - drei Mann montieren ein Schild ab.

Interessant auch der Punto-piloto experimental an der Kathedrale, der mir gerade kostenloses Wifi bietet, um den heutigen Bericht zu schreiben. Nachher werde ich mal den Abfahrtsort der Fähre suchen, mit der ich morgen abend ablegen werde. Dann sind's noch zwei Nächte bis Teneriffa. Teneriffa, ich komme!

 

 

Heute, kurz nach 10 Uhr vormittags rollte mein Vorderreifen von der Fähre auf das Hafenkai von Teneriffa – eine halbe Sekunde später folgte der Hinterreifen. Was für ein großartiges Gefühl! Schon allein das ist die Reise wert. Aber der Reihe nach.

Weil mancher mehr an Informationen interessiert ist, zunächst in diesem ersten Teil das Wissenswerte zur Fährfahrt. Im zweiten Teil erzähle ich ein wenig über die vielen kleinen Begebenheiten, die so eine fast zweitägige Schiffsreise mit sich bringen kann.

Der Fährhafen liegt direkt an der Cadizer Altstadt und ist gut zu finden, wenn man nicht schon zu früh in den davor liegenden Industriehafen abgebogen ist (was nicht nur mir passiert, wie ich später erfahre). Es gibt nur einen Zugang zum Hafen, der beschildert und wie sich das gehört auch bewacht ist. Gleich gegenüber dem Zugang liegt das Gebäude mit dem Ticket- und CheckIn-Office der Acciona Trasmediteranea Reederei, das in meinem Fall bei einer geplanten Abfahrtszeit gegen 24 Uhr ab 16 Uhr öffnet. Es lohnt also, sich vorher nach der Öffnungszeit zu erkundigen, weil das im Falle des Falles noch Stadtunternehmungen zulässt. Zunächst gilt es jedoch, das Moped zwischen den ersten Autos auf dem Fährparkplatz rechts neben dem Gebäude abzustellen. Die Mopeds werden schließlich von einem Einweiser, der später auftaucht, hübsch zusammen platziert. Mit dem Fährticket erhält man am Schalter die Boardingcard, die neben der Kajütnummer auch die Essensmarken für Frühstück, Mittag- und Abendessen während der Fährt enthält. In meinem Fall heißt es dann jedoch erst mal warten, die Ankunft der Fähre verzögert sich, sie wird am Ende um 21 Uhr eintreffen, um 23 Uhr (statt 17 Uhr wie angekündigt) beginnt das Boarding. Viel Zeit also zum Kennenlernen von Mitpassagieren. Dazu später mehr.

Unmittelbar vor der Auffahrt auf die Fähre wird noch mal am Fahrzeug Boardingcard und Ausweis kontrolliert. Auf den Autodecks werden die Motorräder an den Seitengeländern abgestellt. Die Seeleute verzurren durchaus ordentlich mal mit einfachen Seilen, mal mit Spanngurten die Zweiräder an den Geländern. Ich mache das nach einem Tipp eines freundlichen Forumskollegen lieber selbst mit meinen eigenen, mitgebrachten Gurten, auch weil die Bauart meines Großrollers nur bestimmte Befestigungen zulässt. Da das Moped nur nach einer Seite am Geländer gesichert werden kann, empfiehlt sich die Abstellung auf dem Seitenständer zum Geländer hin und schüttelfeste Verzurrung. Gut, wenn man zugleich eine Handbremse hat, es gibt außerdem Blockierklötze für beide Räder.

 

 

Mein Gepäck lasse ich nicht auf dem Motorroller, sondern nehme es mit in die Kajüte. Wertsachen wie mein Notebook können zur Aufbewahrung an der Rezeption abgegeben werden. Dort erhält man auch die Chipkarte für die Kajüte. Letztere, in meinem Fall eine 4-Mann-Innenkabine mit gemachten Stockbetten und einer Dusch- und Toilettenzelle, ist ziemlich heiß und die Luft recht stickig. Trotz freundlicher Kajütkollegen schlafe ich deshalb in den folgenden zwei Nächten nicht besonders gut und stehe früh wieder auf. Leider gibt es erst ab 8 Uhr Frühstück im Selbstbedienungsrestaurant.

Das Schiff, das über 1000 Personen Platz bietet, ist diesmal mit nur 155 Passagieren dünn belegt. Es bietet mehrere Bars (davon zwei für Raucher), eine Diskothek, Leseecken, Fernseher, ein Kino, zwei Läden, ein paar Spielautomaten (leider kein Internet), einen Fitnessraum, eine Sauna, mehrere Außendecks und als Highlight das Pooldeck. Highlight deswegen, weil es hier unter einem zu öffnenden Dach neben einer weiteren Bar bequeme Liegen und den Pool mit Jacuzzi (leider kalt) gibt, wo man sich den ganzen Tag aufhalten kann.

 

 

Das Essen ist zwar nicht der Rede wert, aber genießbar und ausreichend. Für opulentere Genüsse kann das kostenpflichtige A-la-card-Restaurant mit stilvollem Ambiente genutzt werden. Wer leicht seekrank wird, sollte sich diese Zusatzausgabe jedoch überlegen. Was nutzt das beste Essen, wenn man nicht lange etwas davon hat. Trotz geringem Seegang mussten einige Passagiere leiden, also wer’s braucht oder noch nicht weiß: ruhig die entsprechenden Pillen mitnehmen.

Hat man was am Fahrzeug vergessen, kann man einmal am Vormittag auf das Fahrzeugdeck, das ansonsten geschlossen ist. Durch die Lautsprecherdurchsage (wegen Akustik schlecht verständlich, nur spanisch und englisch) erfährt man dann auch, wann man am Ankunftstag wieder zum Fahrzeug muss, um auszufahren.

Im Hafen von Santa Cruz de Tenerife angekommen, fährt man je nach Gedränge locker aus der Fähre wieder raus. In der Fahrzeugschlange an Land prüfte kurz ein Angestellter der Hafenbehörde das Kennzeichen, die Zollbeamten holten nur einzelne Fahrzeuge raus, mich ließ man einfach durchfahren. Von der befürchteten Kaution bei Einreise mit dem Motorroller war keine Rede. Je nach Ziel auf der Insel kommt man aus dem Hafen schnell auf die stadtauswärts führende Autobahn. Und dann heißt es ausgiebigstes Genussbiken auf einem der schönsten Motorrollerreviere der Welt!

To be continued …