Hier gibt es Lesestoff
Endlose Weite, der Blick schweift übers Meer - grenzenlos. Während gestern in der Ferne Fuerteventura auszumachen war und am Abend Lanzarote angelaufen wurde, gibt es heute kein Land. Nur ab und zu zeugt ein Containerschiff weit draußen davon, dass es auf diesem riesigen Ozean so etwas wie Straßen gibt.
Umso mehr Betriebsamkeit durchzieht die kleine Welt des Schiffs. Ein gutes Maß für die Zahl der Passagiere scheint die Schlange beim Mittagessen zu sein. Waren es bei der Hinfahrt fast ohne Wartezeit etwa 150 Menschen, dürften es jetzt an die 500 Fahrgäste sein, die in den zwei Stunden der Mittagsöffnung für die durchgängige Warteschlange sorgen. Aber was soll's? Schließlich haben wir hier vor allem eins - Zeit.
Wieder sorgt rund um die Uhr ein fröhliches Balzgehabe einiger junger Männer um die in der Minderzahl vertretenen, jungen Frauen für Kurzweil bei den Beteiligten wie bei den Zuschauern (ich gehöre natürlich zu letzteren). Man kreist umeinander, sucht Gelegenheiten ins Gespräch zu kommen, die ganz Lustigen tollen im Pool herum. So sie den Platz finden zwischen den tobenden Kindern, die das Wasser den ganzen Tag über nicht verlassen.
Es ist mein letzter fauler Tag dieses Urlaubs, den ich noch mal in vollen Zügen und in der Sonne liegend genieße. Die "Animacion" veranstaltet auf dem Pooldeck ein Spiel, dass ich wegen meines immer noch nur rudimentären Spanisch erst nach einer ganzen Weile als Quiz identifiziere. Immerhin verstehe ich dann fünf der zwanzig Fragen (z.B. "Wie heißt eine typisch kanarische Soße?") und weiß sogar drei Antworten (na?).
Der Abend beschert einen wunderschönen Sonnenuntergang - traumhaft. Morgen erreichen wir gegen 08:30 Uhr vormittags Cadiz. Dann heißt es wieder auf dem Moped Kilometer fressen. Bis dahin lasse ich mich jedoch noch ein bißchen von den Wellen wiegen und treiben.
Schluss mit Faulenzen. Heute wurde wieder gefahren, was das Zeug hält. Die erste Etappe ist geschafft. 970 Kilometer waren es hierher von Cadiz bis Benicarlo (zwischen Valencia und Tarragona). Mit dem letzten Tageslicht habe ich mein Zelt auf einem kleinen Campingplatz aufgestellt. Eine Pizza füllt den Magen und zwei Cervecas löschen den Durst.
In den zehn einhalb Stunden habe ich einen Schnitt von 93 km/h geschafft. Das ist ganz ordentlich, wenn man bedenkt, dass ich etwa alle 200 Kilometer zum Tanken halten muss. Das beschert dann gleich auch die nötigen Pausen, die den Tag auf dem Moped strukturieren. Über die übliche Reisegeschwindigkeit redet der Gentleman nicht. Schließlich ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit 120 km/h, wenn's nicht - wie so oft - auf 100 herabgesetzt ist. Der Tacho geht ja wie üblich 10 Prozent vor und ... und ... aber lassen wir das.
Ein besonderer Sinn beim Motorrollerfahren ist der Geruch. Viel direkter als im Auto kriegt die Nase alles mit, was an der Straße liegt. Leider sind das in Südspanien vor allem eine Unzahl von Schweineställen. Der Geruch - infernalisch! So lecker ja Serranoschinken schmeckt, über die Produktion möchte man die Nase rümpfen.
Ich habe mich zur Rückreise für die Südroute entschieden. Das bringt neue An- und Aussichten auf der Strecke über Granada, Valencia und Barcelona. Zunächst sanfte Hügel, die über und über mit Olivenbäumen bewachsen sind, dann die Berge der Sierra Nevada und schließlich grüßt wieder das Meer, diesmal das Mittelmeer. Fast ist es jedoch nicht zu sehen, so geschlossen scheint die Sphalanx der Bettenburgen und Hotelhochhäuser an der Costa del Azahar. Schnell weiter und ein schöneres Plätzchen gesucht, das wir schließlich in besagtem Benicarlo finden.
Wir? Richtig, es wird Zeit meine Begleitung vorzustellen, die mir Undine geschenkt und mitgegeben hat. Darf ich vorstellen? Das ist Ginito, der kleine Bruder von Gino
Das war ein gutes Stück Arbeit heute. 1010 Kilometer bis Bourg-en-Bresse bei Lyon. Dafür ließ ich das Zelt heute eingepackt und leiste mir ein bequemes Hotelbett. Etap - diese Hotelkette, deren Zimmer den Eindruck eines Hamburgers vom Fastfood machen. Zum Schlafen reichts aber, ein abgeschlossener Parkplatz für Burgi ist auch dabei und billig ist's auch (44,20 Euro mit Frühstück).
Allerdings habe ich für die Strecke 12 einhalb Stunden gebraucht. Auch deshalb, weil ich mir zwei Abstecher gegönnt habe. Der erste ging zum Cap Salou, wo ich vor 35 Jahren mal mit den Eltern im Urlaub war. Dort war jedoch nichts wieder zu erkennen. Zuviel ist gebaut worden. Ganz anders der Abstecher nach Avignon. Diese alte Stadt mit der beeindruckenden Stadtmauer am Ufer der Rhone war mal Sitz des Papstes zu der Zeit, als es zwei davon gab - zwei Päpste meine ich. Solche einschneidenden Ereignisse überdauern die Jahrhunderte und auch heute staunten wieder Jugendgruppen über die alten Mauern.
Auf dem Foto ist der dortige Place d'Horloge zu sehen, wo ich mit Erlaubnis einer freundlichen Polizistin parken durfte. Auf diesem Platz bewunderte ich vor 27 Jahren einen Straßenmusiker, der herrlich auf einer Art Zitter mit zwei Klöppeln spielte. Auch sowas prägt sich ein :-)
Jup, nach den letzten 850 und insgesamt 2820 Kilometern bin ich wieder zuhause angekommen. Die Rückreise war wie die Hinreise ein ganz besonderes Erlebnis und ich schätze mich glücklich, dass ich das erleben konnte – und vor allem ganz ohne unangenehme Begleiterscheinungen wie etwa Unfälle oder Pannen. Burgi ist halt doch ein ganz besonders zuverlässiges Gefährt. Kleine Malessen wie ein leicht schmerzenden Handgelenk und ein etwas unruhiges Hin- und Herrutschen auf dem Sattel wegen des sich meldenden Sitzfleisches sind da leicht zu verkraften und schnell vergessen. Und am Ende ist es einfach großartig anzukommen.
Die Strecke von Bourg-en-Bresse zur französisch-deutschen Grenze war schnell erledigt. Dort lenkte mich eine spontane Eingebung südlich, um durch den südlichen Schwarzwald am Hochrhein entlang zu fahren. Dieses Stück bis zum Bodensee war ich vor zwei Jahren schon mal mit dem Kajak auf dem Rhein in entgegen gesetzter Richtung gepaddelt und nun vom hohen Rheinufer auf diese schönen, grün schillernden Flussschleifen herunter zu sehen, weckte Erinnerungen an eine meiner schönsten Paddeltouren. Damit ergab sich auch die Gelegenheit, mal wieder den Rheinfall von Schaffhausen zu besichtigen, der für das heutige Tagesfoto herhalten musste (siehe unten).
Kurz danach fährt vor mir im Fahrzeugkonvoi auf der Landstraße eine weitere Burgi. Wir grüßen uns kurz und prompt werfen wir uns gemeinsam in das Lücken-Springer-Spiel. Das geht so: Auf der kurvenreichen Landstraße wird jede Gelegenheit genutzt, schnell in die nächste Autolücke zu springen. Gelingt das dem Hintermann nicht, hat er entweder verloren oder der Vordermann hat zu gewagt überholt. Das trainiert sicheres Überholen und hat übrigens nichts mit Raserei zu tun.
Das Ganze macht uns beiden sichtlichen Spaß, und als ich schließlich signalisiere, dass ich zur nächsten Tanke raus fahre, folgt mir mein Burgi-Kollege. Bei einem kurzen Schnack reden wir ein bisschen Benzin. Meine Landstraßenbekanntschaft entpuppt sich als 75-jähriger Draufgänger, der schon den dritten Roller dieses Typs fährt und immer noch begeistert ist.
Endlich wieder auf der Autobahn hat sich das Fahrverhalten von Spanien/Frankreich zu Deutschland aufgrund des fehlenden generellen Tempolimits radikal geändert. Alles wird wieder hektischer, der Aufmerksamkeitsgrad muss deutlich erhöht werden. Dennoch komme ich schnell voran und bin noch vor dem Dunkelwerden zuhause bei meinem Liebling. Schön das!
Ob man das Ganze noch mal wiederholen soll und will? Aber ganz bestimmt!
Gehört der Tag vor der Abfahrt schon zur Reise? Ja und Nein. Natürlich beginnt jede Reise mit der Abfahrt. Und dennoch ist der Tag davor immer etwas Besonderes. Morgen geht es los! Habe ich an alles gedacht? Zwischen ungeduldiger Vorfreude und umsichtigem Detailprüfen wabern die Gefühle hin und her. Noch dazu die Besonderheiten einer Motorrollerreise. Ist das Pferdchen gut in Schuss? Wie wird das Wetter unterwegs? Welche Landschaften werde ich unterwegs sehen, welchen Menschen begegnen?
So prägen also den Vorreisetag vor allem Fragen. Die Spannung steigt. Nervös? Nein, eigentlich nicht, das kann meine Liebste besser ;-) Ich freue mich vor allem: darüber, dass diese Reise möglich ist. Auf das, was ich erleben werde. Auf offene Tage, unbekannte Stationen – ja, und auch auf das eine oder andere Problemchen, das es unterwegs vielleicht zu lösen gilt.
Diese Reise wird etwas Besonderes, das weiß ich schon jetzt. Die herrliche Insel, die ich in den nächsten Wochen genießen darf. Die ungewöhnlich lange Zeit, die den Alltag weit hinter sich lassen wird. Und auf dem Weg dorthin: kein kurzer Sprung mit dem Flieger, der einen sonst so unvermittelt aus der gewohnten Umgebung auf die Kanaren versetzt, sondern eine ausgiebige, mit eigenen Eindrücken verbundene, echte Reise. Eine Woche werde ich unterwegs sein – zwei wundervolle Ziele vor mir: Teneriffa – und meine Liebste, die ich dann endlich wieder in die Arme schließen kann.
Gepackt ist, los also!
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